So, nun ist bei uns auch ein E-Auto im Haushalt angekommen. Es sollte mit voller Absicht ein Kleinwagen sein, flink in der Stadt, klein genug für jede Parklücke.
Zumindest im Sommer soll er vorwiegend über die eigene PV-Anlage geladen werden. Dass das nicht immer klappen wird und auch im Herbst/Winter ganz anders aussehen wird, ist mir durchaus bewusst. Da ich aber Sparfuchs bin, ist die Wallbox derzeit so eingestellt, dass ausschließlich mit überschüssigem Strom aus der PV-Anlage geladen wird, es wird (fast) nichts aus dem Stromnetz genutzt. Überschüssig bedeutet: nach Abzug des Strombedarfs aller anderen laufenden Verbraucher im Haushalt – im Grunde dem Strom, der sonst ins Netz eingespeist werden würde oder mit dem der Akku der PV-Anlage geladen wird.
Kurzer Einwurf: es geht hier nur um das sogenannte AC-Laden, also laden mit Wechselstrom, unabhängig ob 1phasig (z.B. an normaler Steckdose mit Ladekabel mit „Ziegelstein“ oder Wallbox) oder 3phasig (Wallbox). Das ist das Laden, das zu Hause möglich ist und unterwegs an Ladepunkten auch in der Regel das günstigste Laden ist. Je nach E-Auto sind hier 11 – 22 kW möglich. DC-Laden an Ladestationen ist je nach Fahrzeug mit 60 – 600 kW möglich, damit wesentlich schneller aber auch wesentlich teurer – und das E-Auto muss das auch unterstützen.
kleine Rechnereien
Wenn die PV-Anlage 900 W erzeugt, 400 W in den Akku gehen und 200 W ins Stromnetz, dann benötigt das Haus also gerade 300 W. 600 W (400 die sonst ins Netz gehen plus 200 die sonst in den Akku gehen würden) könnten zum Laden des Autos genutzt werden…theoretisch….
Ganz so einfach ist es natürlich nicht. So beträgt der Mindestladestrom für die meisten E-Autos 6 A – (Bei Hybrid kann es anders sein!). Daraus und aus der Netzspannung ergibt sich eine Mindestladeleistung von rund 6 A * 230 V = 1380 W = 1,38 kW. Den cos phi lasse ich hier der Einfachheit halber mal weg….
Die PV-Anlage muss also 1,38 kW MEHR liefern, als gerade „das Haus“ verbraucht. Bei unserem Beispiel von 400 W fürs Haus (s.o.) muss die PV-Anlage also 1,78 kW liefern! Wallbox und Steuerung der PV-Ablage schlagen sicherheitshalber aber auch noch etwas drauf, man kann also wohl grob von 1,5 kW reden, die die PV-Anlage MEHR liefern muss, als gerade im Haushalt verbraucht werden…
Aber wie weit kommt man damit überhaupt? Ein kleines E-Auto benötigt ca. 15 kWh für 100 km. Wenn ich also mit 1,5 kW lade (aufgerundete Mindestladeleistung einphasig) benötige ich 10 Stunden Ladezeit für 100 km:
15 kWh : 1,5 kW = 10 h (1 Std für 1,5 kWh —> 10 km)
Das ist dann doch eher mühsam. Allerdings ist das die 1phasige Mindestleistung. Bei einer Absicherung mit 16 A sind 16 A * 230 V = 3680 W = 3,68 kW möglich. 15 kWh : 3,68 kW = 4,07h. Damit werden für 100 km “nur” noch 4,07 Stunden benötigt…
Nun ist es aber so, dass unsere Wallbox auch 3-phasig bzw. mit Drehstrom laden kann. Das geht dann 3 Mal so schnell wie mit Wechselstrom (1phasig). Auch hier wird mit mindestens 6 A geladen, aber 6 A je Phase. Damit beträgt die Mindestladeleistung für Drehstrom:
3 * 6 A * 230 V = 4140 W = 4,14 kW
Auch hier schlägt das PV-System sicherheitshalber noch etwas drauf bevor wirklich dreiphasig geladen wird. Hier kann man wohl auch gut 4,3 kW annehmen, die MEHR geliefert werden muss, als der Haushalt gerade verbraucht.
An einem schönen Sommertag sieht es dann etwa so aus:
Die Sonne geht auf und schon am frühen Morgen werden 1,5 kW Überschuss erreicht und das E-Auto beginnt zu laden. Die Sonne steigt höher und das Auto lädt sogar mit 4 kW! Dann erreicht die überschüssige Leistung sogar 4,4 kW, genug für 3phasiges Laden!
Unsere Wallbox schaltet dann das 1phasige Laden ab. Das ist ein Sicherheitsmechanismus, um die Ladeelektronik des E-Autos nicht zu schädigen. Nach 2 Minuten wird dann das 3phasige Laden mit min 4,14 kW eingeschaltet. Je nach Hausinstallation liegt die maximale 3phasige Ladeleistung sogar bei 3 * 16 A * 230 V= 11040 W = 11,04 kW
Wer sogar über 32 A Drehstromsteckdosen verfügt kann evtl. sogar mit
3 * 32 A * 230 V= 22040 W = 22,08 kW laden – vorausgesetzt, alles ist ordentlich installiert und abgesichert!
Bei uns liefert die PV-Anlage aber keine 11 kW, daher bleiben wir sogar noch unter 10 kW. Erwähnt werden muss auch, dass Wallboxen über 11 kW vom Netzbetreiber steuerbar sein müssen! Bis 11 kW muss man den Netzbetreiber lediglich über eine Wallbox informieren.
Rechnen wir aber trotzdem einfach mal mit 20 kW AC-Ladeleistung: 15 kWh : 20 kW = 0,75 h – man benötigt „nur“ noch 0,75 h Stunden um 100 km fahren zu können. Wie gesagt, so viel bringt unsere PV-Analge und die Wallbox nicht.
Mit DC können wir das Auto mit max 80kW laden (auch an stärkeren Ladepunkten läßt dieses Auto nicht mehr zu). Damit benötigen wir für 100 km ca 0,187 Std – das sind 11 Minuten. Das sind bei 400 km also 44 Minuten – zumindest theoretisch, ab ca 80% Ladezustand des Akkus lädt es oft langsamer – daher werden in der Regel Ladezeiten für “von 10% auf 80%” laden angegeben. Auf einer langen Reise wäre das evtl umständlich – aber man kann (sollte; muss?) die Pausen so planen und in der Zeit einen Kaffee trinken, essen o.ä. Im “normalen” Alltag kann man mittlerweile bei fast jedem Supermarkt, Freizeitpark, Fastfood-Bude u.ä. laden während man dort andere Dinge erledigt.
In der Praxis
Das war jetzt graue Theorie unter idealen Bedingungen. Zurück zum Laden zu Hause: praktisch sieht das am Wochenende in Kurzform so aus:
Auto beginnt morgens zu laden. Die Kaffemaschine wird eingeschaltet und damit ist nicht mehr genug Überschussleistung für das Auto vorhanden – der Ladevorgang wird gestoppt. Der Kaffe ist fertig, das Auto lädt wieder – aber dann läuft die Waschmaschine – der Ladevorgang wird wieder unterbrochen. Da die PV-Anlage jetzt aber mehr Leistung bringt, beginnt das Auto doch wieder zu laden. Die Waschmaschine ist fertig, die PV-Leistung ermöglicht jetzt auch 3phasiges Laden! Also 1phasiges Laden abschalten. 2 Minuten warten – 3phasiges Laden beginnt.
Jetzt wird aber Mittag gekocht! PV-Überschuss genügt nur noch für das 1phasige Laden – also 3phasiges Laden abschalten, 2 Minuten warten, 1phasige Laden einschalten….
Das kann öfter so hin und hergehen – je nach Leistung der PV-Anlage und genutzter Verbraucher. In den Grafiken unserer PV-Anlage sah das am 2. Mai dann so aus:


Kurze Schwankungen durch andere eingeschaltete Verbraucher oder durch Wolken hat unsere Anlage für eine gewisse Zeit durch Bezug aus dem Stromnetz ausgeglichen oder durch den Haus-Akku, wenn der geladen war.
Vielleicht wirkt das jetzt abschreckend, das war aber nicht meine Absicht. Es sind nur ein paar „Fallstricke“, die ich versuche, zu umgehen. Also: wenn das E-Auto geladen wird, möglichst keine anderen großen Verbraucher benutzen. Waschmaschine oder Geschirrspüler kann man auch Morgens oder Abends laufen lassen, wenn der PC-Überschuss noch nicht oder nicht mehr zum Laden des Autos genügen würde. Auch kann man evtl die Priorität des Haus-Akkus ausschalten – sonst lädt eher der Haus-Akku, als das Auto. Je nach PV-Anlage und Konfiguration gibt es da verschiedene und viele verwirrende Möglichkeiten. Bei mir stand der Haus-Akku in der Priorität ganz oben, dass mußte ich erstmal ändern. Der Haus-Akku lädt auch mit 400 W – also schon morgens bzw noch Abends, wenn es fürs E-Auto laden nicht mehr reicht.
An einem idealen Tag kann das ganze so aussehen:


In der Woche sieht es dann wohl anders aus als im obigen Beispielen: wer tagsüber arbeiten ist, kann nur Nachmittags zu Hause laden. Bis man zu Hause ist, sollten also Waschmaschine und Geschirrspüler fertig sein! Hier wäre es evtl. sinnvoll, wenn ein Teil der PV-Module Richtung Westen ausgerichtet wäre. Zumindest in der Theorie. Vollladen wird man da eher nicht können, vermute ich. Nur etwas nachladen.
Eine Frage ist natürlich auch, ob oder wie oft man ein E-Auto voll laden MUSS. Im Frühjahr haben wir dazu die Feier- und Brückentage genutzt. Da waren wir zu Hause oder anderweitig unterwegs und das E-Auto konnte in Ruhe laden. Das genügte bei der benötigten Fahrleistung für eine knappe Woche ohne Nachladen. Zwar haben wir im Frühjahr auch 8 € fürs Laden ausgegeben – aber das war nur mal eine kurze Übung, um herauszubekommen, wie das mit öffentlichen Ladestationen funktioniert. Bisher wurde das Fahrzeug gut 1100 km bewegt und von den 8 € abgesehen nur mit von der eigenen PV-Anlage erzeugtem Strom geladen.
Sonstiges
Ungewohnt ist es, statt von Litern plötzlich von kW oder kWh zu sprechen. Zum Vergleich: 1 Liter Super hat nach Daten, die ich fand, ca 8,5 – 9 kWh. Wäre ein Benzinfahrzeug im Betrieb so effizient wie ein Elektroauto, dürfte es auf 100 km also höchstens 2 Liter verbrauchen. Ein Verbrenner hat einen schlechteren Wirkungsgrad durch die Energieumwandlung, die vielen beweglichen Teile (Kolben, Ventile, Nockenwelle, Kurbelwelle, Getriebe….) Ein Grossteil der Energie des Brennstoffes geht einfach zum Aufrechterhalten der Betriebstemperatur (als Wärme) verloren.
Ein weiteres Ärgernis ist auch die intransparente Preispolitik der Ladesäulenbetreiber. In diversen Apps und auch im Navi des Fahrzeuges findet man zwar diverse Ladepunkte – aber keine Preisangaben. Und selbst an ein und der selben Ladesäule kann es unterschiedliche Preise geben – je nachdem, von welchem Anbieter man eine Ladekarte man nutzt – und nicht mit jedem Anbieter kann man überall laden. Und auch bei den Karten der Ladeanbieter ist es unterschiedlich: zahlt man eine monatliche Grundgebühr für die Ladekarte, kommt man an der Ladesäule etwas günstiger weg.
Im Extremfall gibt es dann diese Möglichkeiten an einem Ladepunkt:
- AC-Laden bei Kartenanbieter 1 mit monatl. Grundgebühr z.B. 29 Cent je kWh
- AC-Laden bei Kartenanbieter 1 ohne Grundgebühr z.B. 35 Cent/kWh
- DC-Laden (max 50 kW) Kartenanbieter 1 mit Grundgebühr 60 Cent/kWh
- DC-Laden (max 50 kW) Kartenanbieter 1 ohne Grundgebühr 65 Cent/kWh
- DC-Laden (max 120 kW) Kartenanbieter 1 mit Grundgebühr 70 Cent/kWh
- DC-Laden (max 120 kW) Kartenanbieter 1 ohne Grundgebühr 75 Cent/kWh
- …..usw
Das ganze dann an diesem Ladepunkt evtl mit einem anderen Ladekarten-Anbieter nochmal mit anderen Preisen.
Ein paar Wochen sagen noch nicht viel aus, ob sich das mit dem E-Auto lohnt, sehen wir erst nach 1 Jahr. Da ist es dann interessant, wieviel wir an Ladestationen laden mussten, weil ab Ende Herbst bis Ende Winder die PV-Anlage nicht mehr viel bringt.