Was macht man, wenn man Langeweile hat und gern mal mit dem Rad unterwegs ist? Man unternimmt eine Radtour zur Mecklenburgischen Seenplatte! Es gibt natürlich vieles, was man hätte machen können – aber was macht man manchmal nicht alles einfach, weil es machbar ist? Letzte Woche war der Beitrag schon mal kurz online – doch da war das Video noch nicht fertig; aber jetzt!
Die Idee hatte ein Freund aus Stralsund – es wurde also eine “Mini-Sternfahrt”, eine Gruppe von Stralsund aus und eine Gruppe aus Berlin und Umland. Das Ganze fand im Spätsommer statt. Die Routenführung haben wir uns nicht selbst ausgedacht. Für gute und interessante Routen gibt es Radreise-Wiki. Hier kann man sich nach Routen umsehen und auch herunterladen. Diese Routen laufen eigentlich auf den meisten Navigationsgeräten (beliebt sind hier vor allem Geräte von Garmin) und Smartphones. Wie man solche Tracks evtl (f. andere Geräte oder in andere Formate) doch umwandelt, wird dort alles erklärt oder verlinkt.
Tag 1
Unsere Wahl fiel auf die Route Berlin – Rostock die über Malchow führt und somit für uns passend war. Offiziell beginnt diese Route am Brandenburger Tor und führt entlang des Berliner Mauerweges. Man kann natürlich auch zwischendurch auf die Route springen – Man muss nur irgendwie erst mal zur Route kommen. Wir wollten in Berlin abkürzen, haben uns aber dann soweit von der geplanten Route entfernt, dass wir letztlich einen großen Haken geschlagen haben, um wieder auf den geplanten Weg zu kommen. Andernfalls hätten wir im weiteren Verlauf der Reise wohl zu viel mit Alternativen oder experimentieren müssen.
Dieser Haken – also der Umweg, um auf die geplante Route zu kommen – hatte aber auch etwas Gutes: wir haben so letztlich die 200km geknackt… ;-) Plan war es ja, an einem Tag bis nach Malchow zu kommen. Es war also ein recht ordentliches Ziel für 3 Hobby-Radler. Letztlich hätten wir auch viel Zeit verloren, wenn wir in Berlin tatsächlich dem Mauerweg gefolgt wären. Dieser ist gerade ab Brandenburger Tor in nördliche Richtung doch etwas verwinkelt. Man kann hier nicht gerade Kilometer machen, wie ich in diesem Beitrag bereits mal ausführte. Wir sind jedenfalls im Spandauer Forst auf die geplante Route gestoßen. Von dort folgten wir dann noch ein kurzes Stück dem Mauerweg in nördlicher Richtung.
Die Wege
In Berlin ist man zum großen Teil auf Radwegen unterwegs. Diese sind zum Teil neben der Straße, zum Teil aber auch auf der Straße und nur mit Fahrbahnmarkierungen vom Autoverkehr “getrennt”. Ab Spandauer Forst geht es dann durch Wälder und über Wiesen. so lange man auf dem Mauerweg bleibt, ist dieser gut ausgebaut – in der Regel asphaltiert. Verläßt man Berlin – und damit den Mauerweg – fährt man vorwiegend über landwirtschaftliche Wege, teilweise asphaltiert, teilweise aus Betonplatten. Die Wege waren sehr gut zu befahren. Dazu muss man sagen, dass unsere Räder zumindest mit Federgabel ausgestattet waren. Ein wenig schwierig wird es auf einem kurzen Abschnitt vorm Linumer Bruch. Hier fährt man direkt an der Autobahn entlang. Das schwierige hierbei ist aber, dass man für ca. 1km praktisch auf dem Brandschutzstreifen fährt – also auf losem Sand.
Kurz darauf kommt man ins “Storchendorf” Linum. Hier kehrten wir im “Kleines Haus” ein. Netterweise hat uns der Koch auf Nachfrage ein leckeres Nudelgericht gezaubert. Das stand zwar nicht auf der Karte, als Radfahrer wollten wir aber unsere Kohlenhydratspeicher auffüllen. ;-) Zum wirklich empfehlenswerten Restaurant habe ich mich ja schon hier ausgelassen.
[UPDATE] Das Haus wurde verkauft, mit dem neuen Besitzer konnte sich der Betreiber des Restaurants nicht einigen – deshalb gibt es dieses Restaurant leider nicht mehr.
Es geht zunächst weiter über Wiesen und Felder. Also fährt man weiterhin über Wald- und Feldwege. Asphaltiert, aus Betonplatten bestehend, ein wenig Schotter oder nahezu unbefestigt – aber gut befahrbar. Zum Teil fährt man durch abgelegene Ortschaften auf kaum befahrenen Landstraßen. Irgendwo vor Wittstock gelangt man aber auf eine recht stark befahrene Landstraße. Und das ist schon z.T. ein beklemmendes Gefühl. Ich kann nur jedem Radfahrer empfehlen, sich das einmal “anzutun”. Als Radfahrer nimmt man die Autofahrer bzw. ein paar spezielle Exemplare dieser Gattung ganz anders wahr… So waren auch wir einmal gezwungen, sicherheitshalber auf den Grünstreifen auszuweichen, um Schlimmeres zu verhindern.
Es wurde aber auch wieder ruhiger und man ist, wie die meiste Zeit, wieder auf abgelegenen Straßen oder Radwegen unterwegs. Trotz meist gut ausgebauter Wege wurde es nicht einfacher. Zum Einen merkte man doch, dass man schon weit über 100km in den Beinen hatte, zum Anderen gab es tatsächlich recht steile Passagen. Es ist ein Irrglaube, dass im Norden alles nur flaches Land ist. Mittlerweile wurde es auch langsam dunkel. Das es so lange bis zum Zeil dauern würde, hatten wir nicht unbedingt vorausgesehen. Nur einer von uns hatte eine ordentliche Beleuchtung dabei.
Unterkunft und Gepäck
Die Unterkunft in Malchow erreichten wir erst nach Einbruch der Dunkelheit. Wir kamen in einer Jugendherberge unter. Ich wußte nicht, dass das in unserem Alter überhaupt möglich ist. Die Jugendherberge war fast leer, außer uns noch ein älteres Paar und ein Vater, der mit seinem Sohn unterwegs war.
Da wir praktisch ohne “Begleitfahrzeug” unterwegs waren, bestand unser ganzes Gepäck nur aus dem, was wir im Rucksack dabei hatten. Mein Rucksack wog knapp 10kg. Etwa 2 kg davon machte schon die gefüllte Trinkblase aus, dazu noch etwas Tour-Verpflegung. Die übrigen Kilo verteilten sich dann auf Ersatzteile und Werkzeug (Schlauch, Flickzeug,Mini-Tool, etwas Kettenöl), Technik (Powerbank, Handy) etwas Kleidung (Wäsche, Trikot, Regensachen) und Waschzeug. Dabei wurde nur das Nötigste mitgenommen. Statt kompletter Waschtasche z.B. nur Zahnbürste und Zahncreme, dazu Duschbad. Das Ganze auch noch in kleinen Packungen, wie man sie z.B. im Hotel erhält oder wie es sie gelegentlich als Gratisprobe gibt. Alles musste nur 3 Tage reichen, was (fast) leer war, wurde zum Schluss in Malchow entsorgt.
Tag 2
An diesem Tag unternahmen wir nur einen kleinen Ausflug. Tag eins steckte uns mit seinen gut 200km doch noch etwas in den Beinen. Am 2. Tag fuhren wir deshalb ein Stück um die Seen der Mecklenburgischen Seenplatte. Genauer gesagt um den Plauer See. Eine schöne Runde in schöner Gegend.
Mir stockte aber doch einmal kurz der Atem, als wir über eine Art Betonbrücke oder ein Teil eines ehemaligen oder geplantem Wehrs fuhren. In der Mitte gab es eine Öffnung, die den Blick in die Tiefe freigab. Es gab keine Vorwarnung, kein Geländer – man musste da einfach bzw. drum herum, wenn man einmal beim Fahren war. Auf dieser Tour ein kleiner Snack, abends dann in ein Lokal in die schöne Altstadt von Malchow. Den Rest des Abends verbrachten wir dann damit, die Route der Rücktour zu planen. Das ist am Handy und kleinem “Fahrrad-Navi” nicht so einfach. Die Rücktour sollte uns etwas östlicher in Richtung Heimat führen und etwas kürzer sein.
Tag 3
Wir verlassen die Mecklenburgische Seenplatte. Der Himmel ist bedeckt – aber noch trocken. Schnell aus Malchow raus und ab Richtung Heimat. Nach ca. einer Stunde begann es leicht zu regnen. “Endlich” konnten die Regensachen getestet werden. Auch hier führte die Route zumeist über abgelegene Straßen und Radwege, zunächst selten über stärker befahrene Chausseen. Diesmal war der Anteil unbefestigter Waldwege aber doch größer. Die Wege waren trotzdem gut befahrbar, gerade um Rheinsberg herum waren es geradezu “Waldautobahnen”. Hier wurde wohl früher Material für das Kernkraftwerk transportiert.
Zwischendurch kam zwar das ein oder andere Mal die Sonne heraus – aber nur kurz. Die Regenpassagen waren gefühlt etwas länger.
Die Route führte uns weiter über Gransee, Zehdenick und Liebenwalde. Näher an Berlin wurde der Verkehr dann doch dichter. Es war mittlerweile Sonntag Nachmittag und wer aus Berlin einen kleinen Ausflug unternahm, wollte jetzt auch zurück nach Hause. Uns war die Erschöpfung doch anzumerken. Wir hatten bis zu diesem Zeitpunkt ca. 300-350km in zweieinhalb Tagen in den Beinen. Es war trüb und es regnete immer mal wieder. Mit Regensachen macht das Radeln auch nicht wirklich Spaß. Wir waren leicht genervt… Eigentlich wollten wir nur noch nach Hause und im Stillen spielte ich schon fast mit dem Gedanken, den nächsten Bahnhof anzusteuern und mit der Bahn weiterzufahren.
Am einem bestimmten Punkt besserte sich aber das Wetter, es war trocken, die Sonne ließ sich nochmal blicken. An einen Feldweg konnte man Äpfel und Pflaumen pflücken, man war dichter an der Heimat. Mit der Dämmerung erreichten wir Bernau und machten an einer Tankstelle nochmal Pause. Mittlerweile war es fast dunkel. Noch in Bernau teilten wir uns. Einer fuhr weiter Richtung Berlin, zwei über Seefeld und Krummensee nach Altlandsberg.
Zu Hause war erst mal ein Bad fällig. Wir sind in den 3 Tagen 450 km gefahren, haben 30 Stunden im Fahrradsattel verbracht. Auch wenn die Rücktour nicht ganz so nett war – insgesamt war es eine schöne Erfahrung.