Am Mittwoch den 04.07.2018 war ich im Restaurant Samos in Altlandsberg. Wie hier angekündigt gab es dort Ausführungen vom Anwalt zu den Kitagebühren. Zu Gast war Jens Schröder. Das ist der Anwalt, der die Stadt Rathenow Prenzlau wegen des Essensgeld verklagte – und gewann. Seitdem beschäftigt er sich wohl vor allem mit Fragen rund Kita und Co. Um es gleich vorneweg zu sagen:das ist hier keine Rechtsberatung, keine Empfehlung sondern nur (m)eine (subjektive) Schilderung, welche Ausführungen vom Anwalt zu den Kitagebühren gemacht wurden. Dieser Beitrag kann und soll keine juristische Beratung ersetzen. Ich hoffe, ich konnte meine Notizen richtig entziffern und bringe die juristischen Dinge nicht zu sehr durcheinander. Evtl hat einer der Anwesenden noch Ergänzungen – einfach in die Kommentare oder per Mail an mich.
Grundsätzliches
Es waren etwa 22 interessierte Eltern anwesend. Zu Beginn gab es einige Grundlagen. So wurde erwähnt, dass eine Grundlage eben das Grundgesetz ist, eine weitere das Sozialgesetz und natürlich das Kitagesetz. Die Veranstaltung dauerte etwa zweieinhalb Stunden. Danach wurde beim Essen weiter diskutiert.
Eine Bedarfsplanung für Kitas sollte der Landkreis als öffentlicher Träger der Jugendhilfe machen. Also hätte am Beispiel Altlandsbergs wohl der Landkreis in seiner Planung erheblich daneben gelegen – was dann die kurzfristige Containerlösung nötig machte.
Kalkulation
Lt §15 Kitagesetz setzen sich die Kosten für einen Kitaplatz aus Personal- und Sachkosten zusammen, die durch Betrieb der Einrichtung entstehen. So können halt auch Kosten für Verwaltungsmitarbeiter in die Kalkulation mit einbezogen werden. Das erfolgt in der Regel pauschal und anteilig. Der Bürgermeister zum Beispiel ist nicht zum Betrieb einer Kita nötig – dessen Kosten können also nicht mitgerechnet werden.
Gebäude dürfen ebenfalls nicht mit in die Kostenkalkulation eingerechnet werden – allerdings Investitionen. Hat der Hort also 6 Mio gekostet, darf nicht das Gebäude (im Wert von 6 Mio) bzw. dessen Abschreibung eingerechnet werden. Es darf nur das angesetzt werden, was die Stadt in den Hort investiert hat – und das sind weniger als 6 Mio, da es Fördermittel gab.
Alle Leistungen sind mit Kitagebühren und Essensgeld abgegolten. Eine Abspaltung einzelner Leistungen ist nicht vorgesehen. Das bedeutet auch: Eltern bräuchten keine Windeln, Taschentücher oder ähnliches zur Kita bringen. So heißt es im Kitagesetz §17: Die Elternbeiträge beziehen sich auf alle mit der Erziehung, Bildung, Betreuung und Versorgung des Kindes verbundenen Leistungen.
Eine Mutter merkte dazu an, dass dies doch schon irgendwie kleinlich ist. Allerdings sammeln sich übers Jahr gesehen auch ein paar Euros an, die man z.B. auch für Kinobesuche, Tierpark oder ähnliches ausgeben könnte. Solche Dinge kommen heraus, wenn eine Erhöhung so stark ausfällt, dass Eltern anfangen nachzuforschen…. ;-) Apropos herauskommen: Lt. Anwalt ist eine Pauschale für die Ferienbetreuung im Hort nicht rechtens. In den entsprechenden Gesetzten ist stets von einer sozialverträglichen Staffelung die Rede, nie von einer Pauschale.
Der Träger bzw die Kitas sind allerdings nur verpflichtet, einen gewissen Standard anzubieten, man kann freiwillig z.B seine bevorzugte Windelmarke mitbringen – aber man muss nicht. Tut man es, ist es praktisch eine Sachspende.
Herr Schröder führte auch folgendes aus: Kitabeiträge sind Beiträge eigener Art, sie dürfen nicht kostendeckend sein.
Bei den Ausführungen vom Anwalt zu den Kitagebühren ging es natürlich auch um die rückwirkende Änderung der Kitasatzung, die “Heilung”. Dazu gab es folgende Anmerkungen.
Der Verweis auf das KAG
Eine rückwirkende Änderung ist bei manchen Dingen (es fiel der Begriff Abgaben) durchaus möglich. Zum Beispiel bei Kosten/Gebühren, die nach dem KAG (Kommunales Abgaben Gesetz) berechnet wurden. Die Kitasatzung darf aber eben NICHT auf das KAG beruhen. Das wurde vor Gerichten schon bemängelt. Also ist lt . Anwalt eine rückwirkende Änderung der Satzung nicht möglich. Schon gar nicht für abgeschlossene Zeiträume (Kitajahr).
Hinzu kommt, dass es nicht genügt, den Bezug auf das KAG aus der Satzung zu löschen. Die Stadt ist lt. Anwalt in der Beweispflicht, dass die Satzung eben nicht (mehr?) auf das KAG beruht. Dazu ist eine neue Kalkulation nötig. Es genügt nicht, einfach die kalkulatorischen Zinsen “herauszurechnen”. Apropos kalkulatorische Zinsen: unter letztem Link habe ich ja die Justitiarin der Stadt, Frau Zöllner, wiedergegeben. Diese meinte, man könne dafür die wesentlich höheren kalkulatorischen Mieten ansetzen. Lt. Anwalt darf man Mieten ansetzen, es müssen aber die Mieten aus dem Jahr der Kitasatzung sein. Es kann auch nicht eine beliebige Miete genommen werden, es ist eine Durchschnittsmiete anzusetzen.
Allgemeines zu den Elternbeiträgen und zu deren Kalkulation
Der Anwalt führte aus, dass Elternbeiträge nur “Minderungsposten” eigentlich staatlicher Leistungen sind. Dabei sollten Elternbeiträge einen bestimmten Prozentsatz der Platzkosten nicht überschreiten. In meinen Notizen steht dazu, dass der Höchstsatz aller Elternbeitäge max. 20% der Bruttokosten eines Kitaplatzes betragen sollte.
Hier kommt ein weiterer Punkt ins Spiel. Die Kosten werden von den Kommunen oft so berechnet, dass die “nötige Gesamtsumme” bei durchschnittlich 6 Stunden täglicher Betreuung erreicht wird. Werden die Kinder durchschnittlich aber eher 8 Stunden betreut, nimmt man mehr Geld ein.
Und was ist nun mit dem unabhängigen Institut, welches die Kalkulation im Auftrag der Stadt überprüfte? Ohne den konkreten Sachverhalt zu kennen, meinte der Anwalt, dass solche Unternehmen in der Regel die Wirtschaftlichkeit und damit die Kostendeckung prüfen – Elternbeiträge sollen aber eben nicht kostendeckend sein, siehe oben.
Viele Eltern – aber längst nicht alle – haben bereits Antwort auf ihre Widersprüche bekommen. In der Regel dürfte die Antwort wie bei uns ausfallen. Nun gibt es Gerüchte, dass die Rechtshilfebelehrung nicht immer ganz richtig ist. So sollen angeblich zu kurze Widerspruchsfristen genannt worden sein. Soweit mir bekannt (bitte selbst nochmal erkundigen) beträgt diese immer 4 Wochen. Ist dieser Hinweis fehlerhaft, ist die Rechtshilfebelehrung ungültig und die Widerspruchsfrist verlängert sich.
Ist ein Widerspruch abgelehnt worden, so bleibt praktisch nur noch eine Klage. Wurden Widerspruchsfristen veräumt, kann noch ein Überprüfungsantrag eingereicht werden. Dieser kann bis zu 4 Jahre rückwirkend bzw für die letzten 4 Jahre gestellt werden. Ein Überprüfungsantrag muß nicht begründet werden. Wird dieser negativ beschieden, so kann dagegen Klage eingereicht werden.
Für den Fall einer Klage gilt: eine Rechtsschutzversicherung zahlt nur, wenn Verwaltungsrecht mit inbegriffen ist. Ein solches Verfahren wäre gerichtskostenfrei. Ohne Versicherung und im Fall einer Niederlage müßten die Kosten des eigenen Anwaltes und die der Gegenpartei bezahlt werden. Es besteht u.U. die Möglichkeit von Prozesskostenhilfe und ähnlichem. Da es in Deutschland nicht die Möglichkeit einer Sammelklage gibt (siehe Diesel-Skandal) müßte jede(r) Interessierte(r) selbst klagen. Wer nicht klagt, bekommt (im Falle eines Erfolgs) auch kein Geld zurück.
So weit die Ausführungen vom Anwalt zu den Kitagebühren.
Wie weiter?
Und nun? Wie weit jede(r) geht, muss natürlich jede(r) für sich selbst entscheiden. Im Ort selbst kann man nur Druck machen: bei der Wahl der Elternvertreter, bei den Stadtverordneten. Welche Positionen vertreten die Parteien und Kandidaten, die nächstes Jahr in den Brandenburger Landtag gewählt werden wollen? Denkt man nur an die eigenen Kinder, die es vielleicht bald nicht mehr betrifft? Oder denkt man etwas weiter und somit auch an die anderen Kinder, die jetzt oder in Zukunft geboren werden? Und irgendwann, in vielen Jahren, ist man je vielleicht doch wieder betroffen. Vielleicht sind die heutigen Eltern mal Großeltern – soll es dann immer noch die gleichen Probleme geben?
Eltern sind eine Macht – sie wissen es nur noch nicht. Laut Statistica gibt es ca. 11,5 Mio Familien. Das sind bundesweit uch mindestens 11 Mio Wähler! Wahrscheinlich eher 16 oder 17 Mio (Es zählen auch Alleinerziehende mit ihrem Kind als Familie, deshalb kann man die Zahl der Familien nicht verdoppeln um auf Wahlberechtigte zu kommen.) Interessierte Eltern sollten sich vernetzen, austauschen, absprechen. Dank diverser Messenger (Whatsapp, Telegramm, Threema), Facebook oder einfach Email war das nie einfacher als jetzt. Es wären auch Schulungen für die Elternvertreter oder interessierte Eltern möglich, die ihr dort erworbenes Wissen wiederum an andere weitergeben.
Es wäre im Kleinen(?) das, was die großen Firmen mit Ihren Verbänden (Bauernverband, Verband der Automobileindustrie usw) vormachen – praktisch (positive) Lobbyarbeit. Nur so wird man gehört…. Via Abgeordnetenwatch.de kann man den Abgeordneten seines Wahlkreises Fragen stellen, wie sie zu bestimmten Themen stehen. Zum Beispiel auch zu den Kitagebühren. Das geht bequem vom Sofa aus. Den Stadtverordneten kann man auf diversen Ausschusssitzungen oder in der Stadtverordnetenversammlung “auf den Zahn” fühlen.
Abschließendes
Ich hoffe, ich habe meine Notizen richtig entziffert. Eine Garantie dazu kann ich nicht geben. Zuviel Infos, zu viele Gesetze und Paragraphen schwirrten durch den Raum. Ich stecke auch nicht so tief in der Materie wie die Elternvertreter. Der Beitrag ist außerdem mit heißer Nadel gestrickt. Evtl wird er die nächsten Tage auch überarbeitet oder erweitert. Wer Ergänzungen oder Berichtigungen hat – immer her damit. Entweder gleich in die Kommentare oder per Kontakt.
Guten Tag
sind die Normenkontrollklagen
Altlandsberg, OVG 6 A 21.17
Altlandsberg, OVG 6 A 22.17
nur gegen die KitaSatzung ab 01.11.17 oder
auch gegen die noch gesetzeswidrige KitaSatzung
(illegal aufgezwungene Verpflegungsaufwendungen Frühstück/Vesper)
von 2003-31.10.17?
MFG